von Dr. med. Helmut Pfleger

Blick von der Empore des Festsaals in Bad Homburg v. d. Höhe

Vom 13. bis 15. März fand in Bad Homburg die immerhin schon 28. Deutsche Ärztemeisterschaft statt. Die meisten der normalerweise etwa 130-150 Ärzte und Ärztinnen wollen als „Wiederholungstäter“ immer wieder diese freundlich-entspannte Atmosphäre erleben. Für den jahrzehntelangen Geschäftsführer des Deutschen Schachbunds und Internationalen Schiedsrichter, Horst Metzing, ist es sogar das schönste Turnier überhaupt.

Diese Erfolgsgeschichte ändert(e) freilich nichts daran, dass der Deutsche Schachbund dieses – auch von all seinen Präsidenten besuchte und hochgelobte – Turnier aus bürokratisch-steuerlichen Gründen nicht mehr mittragen zu können glaubte. Verstehe wer mag!

Gott sei Dank hatte daraufhin ein Gremium um den Bamberger Neurologieprofessor Dr. Peter Krauseneck, den Bad Kissinger Augenarzt Dr. Hans-Joachim Hofstetter, den langjährigen Turnierleiter und Schiedsrichter Jürgen Damman und Frau Irene Steimbach, beide vom Badischen Schachverband, sowie Monika Mädler sich des vom Exitus letalis bedrohten Turniers angenommen, den gemeinnützigen Verein Medchess e.V. gegründet und mit Tatkraft und Geschick eine gelungene Wiederbelebung durchgeführt. Wo ein Wille, da ein Weg!

Freilich war es dabei ausgesprochen hilfreich, dass man sich der ungebrochenen Unterstützung durch OB Alexander Hetjes und den schachbegeisterten Hotelier Joachim Petry, dem schon viele hervorragende Turniere in dieser Bäderstadt zu verdanken waren, sicher sein konnte und darüber hinaus einige Kollegen großzügig spendeten; besonders erwähnt sei hierbei Dr. Richard Berthold, neben seinem Beruf als Diabetologe ein unermüdlicher Marathonläufer überall auf der Welt, dank dem die Prowin-Akademie das Turnier nicht nur mit Fußbalsam und Zahnpasta – quasi ein Service von Kopf bis Fuß –  für jedermann, sondern auch mit einer hübschen Summe unterstützte.

Ein besonderer Dank gebührt auch Dr. Jan Erik Wähner aus Berlin, der neben einem treffenden Logo mit einer sich um den König windenden Äskulapschlange auch das Plakat für diese Meisterschaft entwarf, bei dem die Dame den König mit einem Stethoskop auskultiert – schließlich dreht sich ja im „Königlichen Spiel“ letztendlich alles um dessen Wohlbefinden.

Lustigerweise fehlt auf dem Plakat auch nicht der Zusatz „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie bitte die Schachgöttin Caissa oder ……..“

Tja, diese Leerstelle konnte/musste man diesmal durch „Corona X-Virus“ ausfüllen, woran der „Künstlerarzt“ beim Entwerfen kaum gedacht haben dürfte.

Frohgemut konnte man also dem Turnier entgegenblicken, doch dann breitete sich unmittelbar vor Turnierbeginn das Corona X-Virus immer weiter aus. So blieben von den angemeldeten 126 TeilnehmerInnen eine erkleckliche Anzahl aus Vorsichtsgründen zuhause, lediglich 79 nahmen schließlich den Kampf auf. Selbst zwei derer, die von Anfang an bei allen Ärztemeisterschaften dabei waren, blieben diesmal fern, sodass die Zahl der mittlerweile „28-Ender“ auf vier schrumpfte. Man wird unwillkürlich an die „Zehn kleinen Negerlein“ erinnert.

Unweigerlich beeinflusste dies, gerade anfangs, natürlich die Stimmung. Dennoch hellte sich diese – angesichts des familiären Charakters des Turniers möchte ich fast sagen „unvermeidlich“ – wieder auf.  Und einen geeigneteren Ausspruch als den von Prof. Dr. Eberhard Schwinger aus Lübeck zitierten: „Es gibt keinen besseren Ausweg von den Übeln des Lebens als eine gute Partie Schach“ (Francis Bacon) konnte man sich in dieser Lage nicht vorstellen. Ähnlich sagten es im Mittelalter schon der arabische Gelehrte Ibn ul Mutâzz: „Droht uns Gefahr, bedrückt uns die Angst, so ist das Schachspiel ein Freund in unserer Einsamkeit“ und der große spanische König Alfons X. der Weise: „Schach bietet dem Menschen Zerstreuung, wenn Kummer und Schmerz ihn zu übermannen drohen.“

Wie immer wurde das Turnier am Freitagabend mit einem Blitzturnier, welches Dr. Dirk Wildenrath und Prof. Krauseneck gemeinsam gewannen, sowie alternativ einer „normalen“ Simultanvorstellung durch die mit Abstand beste deutsche Schachspielerin Elisabeth Pähtz und einem Uhren-Handicap durch mich selbst eingeleitet.

Deutscher Ärztemeister wurde diesmal Dr. Rutz vor Dr. Bucur, Dr. Paust, Dr. Wildenrath, Dr. Csillag, Dr. Birke und Dr. Schaefer (die beiden letzten „Männer der ersten Stunde“! – übrigens ebenso wie Dr. Spasojevic und Prof. Krauseneck).

Bei der Preisverteilung war der Gabentisch diesmal besonders üppig gedeckt, darunter acht prächtige Emanuel Lasker-Biographien, ein Geschenk von Thomas Weischede, dem Präsidenten der Emanuel-Lasker-Gesellschaft und etliche wertvolle DVDs der Firma Chessbase wie beispielsweise das neue Fritz 17.

Auch der Bücherstand des Ehepaars Manfred und Monika Mädler war wieder „üppig gedeckt“, ich vermisste lediglich den ewigen Ladenhüter Der Arzt im Schachspiel des Dominikanermönchs Jakobus de Cessolis aus dem Mittelalter. Ein schönes Buch, das die Ärzte allerdings aus irgendwelchen Gründen wie der Teufel das Weihwasser meiden.

Ein besonders berührender Augenblick war die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft für den ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur des Deutschen Ärzteblatts, Josef Maus.

Er hat das Ärzteschachturnier begründet und mit großem Einsatz, viel „Herzblut“, absoluter Verlässlichkeit und einem stets offenen Ohr für jedermann auch durch gelegentlich schwierige Zeiten „getragen“ und so zu dessen einzigartiger Atmosphäre wesentlich beigetragen. Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass sich neben dem 1. FC Köln auch diese außereheliche Liebe in seinem Herzen einnisten würde! Natürlich war dies nur möglich durch die Unterstützung seiner ganzen Familie, die mit ihrer freundlichen Präsenz eine „conditio sine qua non“ all dieser Jahre war.

Bevor ein paar Kombinationen des Turniers den Bericht abrunden sollen, sei noch vermerkt, dass schon das Datum der nächsten Ärztemeisterschaft feststeht: 19. bis 21. Februar 2021 – bitte vormerken!

                                                  

Diagramm 1

In hoher beiderseitiger Zeitnot spielte Dr. Jan-Erik Wähner als Schwarzer 1…Dxh2+ und gewann nach 2.Tg2 Txf1+ 3.Ke3 Dh6+ 4.Kd4 Txf3 schließlich.

Mit welcher herrlichen Opferkombination hätte er jedoch in drei Zügen mattsetzen können?

Lösung:

Mit dem Springeropfer 1…Sg4+!

Die Ablehnung des Opfers mit 2.Kg2 führt nach 2…Dxh2 gleich zum Matt, während die Annahme mit 2.Txg4 Txf1+ 3.Kg2 Dxf3 einen Zug länger dauert.

                                                

Diagramm 2

Weiß hatte zuletzt mit 1.Sd2-f3 die schwarze Dame und gleichzeitig den Springer h4 angegriffen. Mit welchem kräftigen Konter gewann Dr. Michael Jordan als Schwarzer aber schnell?

Lösung:

Nach 1…Se4! war Weiß verloren.

Das Nehmen der Dame mit 2.Lxf4 ergibt nach 2…Sxf2 ein Ersticktes Matt.

Das gleiche Schicksal würde den weißen König nach 2.Dc2 Td2! (auch 2…Dxf3! 3.Lxf3 Lxf3+ 4.Tg2 Lxg2+ 5.Kg1 Sf3+ 6.Kxg2 Se1+ nebst 7…Sxc2 gewönne Haus und Hof) 3.Dxd2 Dxd2! 4.Sxd2 Sxf2 ereilen, während 3.De1 wiederum wegen 3…Dxf3! hoffnungslos wäre.   

Diagramm 3

In dieser so harmlos anmutenden (Allerwelts-) Stellung konnte Dr. Matthias Birke als Weißer mit einem obendrein auch noch harmlos scheinenden Zug zwangsläufig eine Figur gewinnen. Wie kam’s?

Lösung:

Nach 1.Db3! ging es dem Springer d5 an den Kragen; nach 1…Dd7 2.e4 gab Schwarz wegen des Springerverlusts auf.

Doch auch 1…Sa5 2.Db5 oder 1…Kh8 2.e4 oder 1…Tfe8 2.Sg5! mit der schrecklichen Drohung 3.Lxd5! hätten nicht mehr geholfen.

                                                  

Diagramm 4

Hier wurde dem Schwarzen das versteckte Vis-à-vis der beiden Damen, vor allem die ungedeckte Lage der schwarzen, zum Verhängnis. Und zwar wie?

Lösung:

In einer „petite combinaison“ schlug Dr. Dieter Hardt als Weißer zuerst den Springer 1.Lxf6, um nach dem Wiedernehmen 1…Lxf6 mit 2.Sc3-e4! die schwarze Dame und den Läufer f6 gleichzeitig anzugreifen, wonach unweigerlich der Läufer verloren geht: 2…Dxd2 3.Sxf6+.

„Dummerweise“ rettet nun auch der Gegenangriff 2…Kg7 nicht mehr, weil Weiß vor dem Wiederschlagen der schwarzen Dame sich mit 3.Sxe8+! und Schachgebot auch noch beim schwarzen Turm bedient: 3…Txe8 4.Txd2.

Diagramm 5

Wie konnte Dr. Helmut Plöger als Weißer am Zug in einem „Zeitnot-Pingpong“, bei dem die Springer mehr übers Brett flogen als hoppelten, dieser Hektik nun ein abruptes Ende setzen?

Lösung:

Mit 1.Se7+! wurde der schwarze König trotz des reduzierten Materials einzügig mitten auf dem Brett mattgesetzt.

Besagte Schachgöttin